Geld

Ein Durchschnittsschweizer ist ein Mann. Er wählt die Schweizer Volkspartei (SVP). Er lebt auf durchschnittlich 44 Quadratmetern mit 1.24 anderen Personen im selben Haushalt und bringt monatlich 5823 Franken Lohn nach Hause (Aargauer Zeitung, 18.08.2011). Die Höhe des eigenen Lohnes gehört jedoch zu den Themen, über die Herr und Frau Schweizer ungern reden. Denn über Geld redet man nicht hierzulande, pflegt der Schweizer zu sagen, Geld hat man (hallo-schweiz.ch).

Im Zuge der globalen Wirtschaftskrise haben immer mehr Schweizer Angst um ihr Geld und schenken immer weniger Vertrauen den Banken. Deshalb horten sie zunehmend häufig Bares zuhause. Am liebsten in grossen Scheinen. Auch Goldmünzen oder -barren sind gesucht und die Nachfrage nach Tresoren stieg bei der Migros sprunghaft an. Der beliebteste Geldversteck der Schweizer ist das Nachttischchen. Auch im doppelten Boden eines Wandschrankes und in Kochtöpfen werden Wertgegenstände und Bares versteckt. (20 Minuten, 10.05.2009)

Das Ansehen der Bankbranche im Volk leidet in den letzten Jahren zwar massiv. Umso beliebter bei den Schweizern ist das Bankgeheimnis. Das Bekenntnis der Schweizer zur finanziellen Privatsphäre ist trotz oder gerade wegen der anhaltenden kontroversen Diskussionen zu dieser Frage sehr stark, was wohl nicht zuletzt auf die besondere Discretion zurückzuführen ist (swissbanking.org). Ausserdem hat der Wohlstand hierzulande die absolute Priorität. Mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 39’600 Franken liegt die Schweiz in Europa auf dem zweiten Platz nach Liechtenstein. Stolz können die Schweizer auch darauf sein, dass hier, in der Schweiz allein 15 der 18 wohlhabendsten Regionen Europas befinden (NZZ, 3.05.2005).

Zahlungsmoral der Schweizer liess in den letzten Jahren leider rasant nach. Herr und Frau Schweizer zahlen ihre Rechnungen im Schnitt erst nach 49 statt nach 30 Tagen. Offene Rechnungen machen heute kaum noch jemandem Bauchweh hierzulande. Daran ändert auch die Aussicht auf wirtschaftlichen Aufschwung nichts. Die Folge: Immer mehr Firmen lassen ihre Kunden durchleuchten und setzen Inkassoprofis auf säumige Zahler an. Die Wirtschaftskrisenjahre haben die Denkmuster verändert und die hohe Zahlungsmoral der Schweizer gebrochen. Man fühlt sich durch die Art legitimiert, wie die „grossen Fische“ Konkurs machen und in Skandale verwickelt sind. Einige Menschen hierzulande leben heute über ihre Verhältnisse und sind nicht mehr bereit, sich einzuschränken (Beobachter, 4.02.2000).

Nicht desto trotz gibt es weiterhin viele Tugenden, durch die sich der Schweizer Charakter auszeichnet, so etwa der Fleiss, gemeinschaftliche und familiäre Werte oder der Anstand. Herr und Frau Schweizer beurteilen ihren Anstand selbst als überdurchschnittlich. Büroangestellte sollen hierzulande anständiger sein als Handwerker. Keine wesentlichen Unterschiede gibt es zwischen Frauen und Männern. Die Amerikaner und die Deutschen jedoch sollen weniger Anstand als die Schweizer haben. Die Hälfte der Schweizer Bevölkerung schätzt Anstand deutlich mehr als Humor, Intelligenz oder Gesetzestreue. 61% glauben von sich, mehr Anstand als der Durchschnitt zu haben. Erfolgreiche Leute oder Chefs sowie Ärzte haben weniger Anstand als der Durchschnitt. Eindeutig weniger Benehmen wird Ausländern zugesprochen. Fast die Hälfte glaubt, dass sich Jugendliche mit fortgeschrittenem Alter positiv verändern. Auch in der Politik wünschen sich über die Hälfte der Schweizer mehr Anstand – und gewichten dies eindeutig stärker als die Vorteile durch mehr Direktheit (Swisspoll AG).

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